Ein seelenwärmender Konzertabend mit Mister and Mississippi

Konzertkritik: Mister and Mississippi
Bildquelle: 
Facebook: Mister and Mississippi (Konzertbild)

Der Bogen F war für einen Samstag erstaunlich locker gefüllt, als Rocky Wood auf die Bühne traten. Entweder lag es daran, dass beide Bands, sowohl Support als auch Hauptband, in der Schweiz noch nicht allzu bekannt sind, oder aber es lief einfach wieder einmal viel zu viel in Zürich, um die richtige Entscheidung zu treffen. Denn richtiger, als im Bogen F, hätte man an diesem Abend nirgends sein können.

 

 

Unaufgeregt und unaufdringlich.

 

 

Wohl selten erlebt man derart feinfühliges Songwriting wie bei der Vorband Rocky Wood. Die Gruppe gibt es seit 2012 und laut eigenen Angaben haben sie ihre Wurzeln in der Schweiz und den USA und sind momentan in Lugano und Berlin stationiert. Die lokale Hin- und Hergerissenheit schlug sich aber nicht auf ihre Musik nieder. Diese kam nämlich angenehm harmonisch daher, unaufgeregt und unaufdringlich. Und doch waren die Melodien zauberhaft, die Stimme von Romina Kalsi atemberaubend. Mit einem hauchigen, brüchigen Alt wechselte sie, passend zu den Songs, zwischen weinerlicher Zerbrechlichkeit und bittersüsser Dramatik. Zu Beginn des Sets war sie jedoch etwas zu leise abgemischt, im Vergleich zu den Instrumenten. Lustigerweise sorgte das aber für eine ganz interessante Spannung, die Stimme wie aus einem weit entfernten Raum zu hören, und doch so präsent und durchdringend. Und obwohl nicht viel passierte in den einzelnen Songs, die Dramaturgie keine grossen Sprünge machte und die Band mit grossen Ausbrüchen bis zum Ende des Sets wartete, brach der Spannungsbogen nie ab. Man wollte jeden einzelnen Ton ihrer Songs in sich aufsaugen und konnte es kaum erwarten, den nächsten zu hören, die nächste knifflige Hookline der Gitarre, den nächsten faszinierenden Rhythmus des Schlagzeugers, die nächste Gänsehaut verursachende Gesangslinie der Frontfrau. Und doch war wohl der eine oder andere Zuschauer im Publikum am Set-Ende etwas müde und unaufmerksam, denn es war keine zugängliche Musik. Man war eigentlich gezwungen wirklich aufmerksam hinzuhören, aber wenn man bereit war, sich darauf einzulassen, war es ein wunderschönes Erlebnis, diese junge Band live zu sehen.

 

Für eine Supportband spielten Rocky Wood mit einer Spielzeit von einer Stunde relativ lange. Da aber auch Mister and Mississippi nur etwas mehr als eine Stunde inklusive Zugabe spielten, war es alles in allem eine angenehme Konzertdauer mit zwei ebenbürdigen Bands.

 

Mister and Mississippi aus Holland machten es dem Publikum dann aber bereits etwas einfacher und zeigten sich weitaus zugänglicher. Bereits zu Beginn des Sets merkte man, dass sie nicht nur sanfte, melancholische Balladen beherrschen, sondern auch mit ordentlich Schmackes ihre Indie-Folksongs in den Raum schmettern konnten und damit unerwarteterweise durchaus tanzbare Songs im Repertoire haben. Die unverschämt sympathische und wunderhübsche Frontfrau Maxime Barlag war zwar keine Entertainerin im eigentlichen Sinne, hatte aber die Zuschauer vom ersten Moment an auf ihrer Seite.

 

Vollends zufrieden und beglückt.

 

Ohne eine grosse Show abzuziehen, überzeugte die Band auf ganzer Linie. Ihre eingängigen Songs verpackten sie in liebevolle Gesamtkunstwerke, dabei spielten sie quasi ein Best-Of ihrer zwei bisher erschienenen Studioalben. In einer Spielzeit von einer Stunde bleibt auch nicht mehr viel Platz für Füllersongs. Und trotz kurzem Set hatte man nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben oder zu kurz gekommen zu sein, denn diese wenigen Momente nutzten sie perfekt aus und man fühlte sich zum Schluss vollends zufrieden und beglückt. Als die Band dann noch akustisch und mitten im Publikum ihren gewaltigen Song «Nemo Nobody» als Zugabe performten, zweifelte niemand mehr daran, dass diese Band etwas ganz Besonderes ist.

Natascha Evers / Di, 24. Mär 2015